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Mann, Mensch und "Lila Dame"

16.11.2020

Manchmal schlagen wir im Laufe unseres Lebens neue Wege ein und geben unserem bisherigen Lebensweg eine neue Richtung, ohne zu wissen, wie tiefgreifend diese Veränderung unser künftiges Leben bestimmen wird.

Der männliche "Lila Dame" Dietrich Horn mit Roger Lutz, Geschäftsführer der Heidelberger Stiftung Chirurgie

Dies ist die Geschichte von Herrn Dietrich Horn, der, als er im April des Jahres 1999 von der Trauerfeier eines ehemaligen Kollegen in der Tageszeitung las, den er schon mehr als 30 Jahre nicht gesehen hatte. In der Hoffnung dort vielleicht auch andere „Ehemalige“ zu treffen, entschloss er sich spontan an der Trauerfeier teilzunehmen. Auch wenn seine Hoffnung auf ein Wiedersehen mit dem einen oder anderen Kollegen aus früheren Zeiten sich nicht erfüllte, gab dieses eigentlich traurige Ereignis seinem Leben eine völlig neue und positive Richtung.

Es war besonders eine Abschiedsrede für den Verstorbenen, die Herrn Horn damals tief berührte. Eine Rede von einer Frau, die – wie sich später herausstellte – gemeinsam mit dem Verstorbenen bei den „Lila Damen“ der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg tätig war. Noch während ihrer Rede traf Herr Horn den Entschluss, sie nach ihrer Telefonnummer zu fragen, um mit ihr in Kontakt treten zu können. In ihm war ganz plötzlich das dringende Gefühl aufgekommen, dass er die wegen eines Hirntumors bereits nach vier Jahren notgedrungen beendete Tätigkeit seines ehemaligen Kollegen gerne fortsetzen würde.

Nach einem längeren Gespräch mit der damaligen Leiterin der „Lila Damen“ stand Herr Horns Entschluss fest und schon drei Wochen später begann er seinen Dienst – zunächst be-gleitet von anderen Kolleginnen – später dann alleine. Dabei ging es in erster Linie darum, zunächst einmal Kontakt mit den Patienten aufzunehmen, kleine und größere Erledigungen wie Botengänge zum Kiosk etc. zu übernehmen oder sich einfach nur Zeit für ein Gespräch zu nehmen. Natürlich mussten die Patienten und Herr Horn sich erst einmal behutsam kennenlernen, um eine Basis für ein solches Gespräch zu schaffen, denn schließlich waren sie sich ja zuvor noch nie begegnet. Doch schon bald bekam Herr Horn ein Gespür dafür zu unterscheiden, auf welcher Ebene die jeweiligen Patienten einen Gesprächspartner suchten. Da seine Tätigkeit bei den „Lila Damen“, die eigentlich ein Teil der bundesweit in den 70-er Jahren gegründeten Gruppe der „Grünen Damen“ sind, nur einmal pro Woche stattfand, sah Herr Horn viele Patienten, die einen kurzen stationären Aufenthalt hatten, nur einmal. Bei anderen dagegen, bei denen ein längerer Klinikaufenthalt vonnöten war, entstanden über die Wochen oftmals sehr persönliche und vertrauliche Gespräche. Auf Wunsch einzelner Patienten wurden diese manchmal sogar noch zu Hause, teils bis zu ihrem Ableben, weitergeführt.

Rückblickend betrachtet hat Herr Horn, wie er uns berichtete, in seinem nunmehr 21-jährigen Dienst bei den „Lila Damen“ nicht nur versucht, für andere Menschen da zu sein, sondern hat auch unendlich viel für sich persönlich zurück-bekommen. Neben den unzähligen wertvollen menschlichen Erfahrungen mit den Patienten, empfand er die Möglichkeit, an Supervisionen und Fortbildungen über interessante und wichtige Themen sowie die alle zwei Jahre stattfindenden eineinhalbtägigen Treffen im Waldpiratencamp, als äußerst bereichernd. Auch aus dem einmal jährlich stattfindenden gemeinsamen Ausflug oder den gemeinsamen Kaffeepausen schöpfte er Kraft und Motivation und profitierte persönlich von dem gegenseitigen Gedankenaustausch.

Besonders nachhaltig beeinflussten Herrn Horn seine Besuche auf der Viszeralen-Transplantations-Station (VTS), bei denen er gezielt bestimmte schwerkranke Menschen besuchen sollte, die aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung besonders mit ihrem Schicksal haderten. Es waren nicht im-mer einfache Gespräche, wie er uns berichtete, doch mit dem nötigen Fingerspitzengefühl gelang es ihm in all den Jahren eigentlich immer, einen guten und für alle Seiten bereichernden Kontakt aufzubauen.

Eine ganz besondere Zeit erlebte er, als er schließlich selbst wegen einer Tumorerkrankung zum Patienten wurde. Herr Horn war damals sehr berührt von der freundlichen Zuwendung, die ihm von so vielen Seiten innerhalb der Klinik entgegengebracht wurde. Das Allerwichtigste jedoch, was er aus all den Jahren seiner Tätigkeit bei den „Lila Damen“ mitgenommen habe, sei ein Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, seine eigene Gesundheit tagtäglich als Geschenk wahrzunehmen und nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten. So freut es Herrn Horn bis heute ganz besonders, dass er immer wieder von den ihm anvertrauten Patienten die Rückmeldung erhält, dass auch sie ihre wiedergewonnene Gesundheit oder zumindest die kleinen Verbesserungen im Rahmen ihres Genesungsprozesses künftig viel bewusster wahrnehmen und schätzen wollen.

Doch nicht nur seine langjährige Tätigkeit bei den "Lila Damen" bereichert bis heute sein Leben, sondern auch sein vor vielen Jahren getroffener Entschluss, sich als Spender für die Heidelberger Stiftung Chirurgie zu engagieren. Motiviert wurde er zu dieser Entscheidung durch seine persönliche Beziehung zu Herrn Roger Lutz, dem heutigen Geschäftsführer der Stiftung. Herr Horn lernte Herrn Lutz vor vielen Jahren, als dieser noch als Pfleger die Urologische Station leitete, kennen. Die respektvolle Art und Weise, mit der Herr Lutz seine Patienten betreute und dies auch den Mitarbeitern seiner Station vermittelte, habe ihn  damals zutiefst beeindruckt. Diese positive Stimmung scheint bis heute auf der Urologischen Station erhalten geblieben zu sein, wie zahlreiche Rückmeldungen der Patienten an Herrn Horn bis heute immer wieder bestätigen. Gerne gibt Herr Horn dieses positive Feedback dann auch immer an die Pflegenden der Station weiter, die sich über die Wertschätzung ihrer Arbeit stets sehr freuen.

Mit Herrn Lutz Entscheidung, sich im Jahr 2010 künftig einer neuen wichtigen Aufgabe zu widmen und die Geschäftsführung der Heidelberger Stiftung Chirurgie zu übernehmen, stand für Herrn Horn fest, dass er das Wirken von Herrn Lutz in diesem Bereich und somit letztlich die Arbeit von Herrn Prof. Büchler und des gesamten Teams unbedingt unterstützen möchte. Da er selbst 40 Jahre lang im Bereich Medizintechnik tätig war und sich bis heute dem Fortschritt der Medizin sehr verbunden fühlt, ist es für Herrn Horn eine besondere Bereicherung, durch seine Tätigkeit bei den "Lila Damen" wie auch sein unterstützendes Engagement für die Heidelberger Stiftung Chirurgie weiterhin einen persönlichen Beitrag in diesem so wichtigen Bereich leisten zu können. Ab dem kommenden Jahr wird Herrn Horn seine durch die Vollendung des 80. Lebensjahres notgedrungen beendete Tätigkeit bei den "Lila Damen" sehr fehlen, der Heidelberger Stiftung Chirurgie werde er als Spender aber ganz sicher bis zum Ende seines Lebens verbunden bleiben.

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